Kritik: Godzilla (2014)

Wenn Gummi-Monster ganze Städte aus Presspappe verwüsten und kleine Menschen in Panik davonrennen, dann ist das entweder ein großer Spaß im Kinderzimmer, oder man hat in einen der klassischen, japanischen Godzilla-Filme eingeschaltet.

Ich muss zugeben, dass ich, was Godzilla angeht, eher nicht so bewandert bin. Ja klar, ich hab immer mal reingeschaltet, bin kurz hängen geblieben und konnte dem recht putzigen Treiben auf dem Schirm nicht viel mehr als ein amüsiertes, kleines Schmunzeln abgewinnen.

Daher oute mich heute mal: Der einzige Godzilla-Film, den ich ganz gesehen habe, war der von Roland Emmerich. Und Scheiße, war der schlecht. Ich weiß ja nicht viel über Godzilla, aber ich wusste, dass er kein Weibchen ist, keine Eier legt und es keine Mini-Godzillas gab, die aussahen wie ausgebüxte Raptoren aus dem Jurassic Park. (Ja, es gab Baby Godzilla, aber das sah eher aus, wie ein hässliches, dickes japanisches Kind.) Und Ferris Buller und seine nervige blonde Freundin machten das Ganze auch nicht gerade besser. Da konnte selbst Jean Reno mit seinem übertriebenen französischen Akzent nichts mehr retten.

Als dann ein neuer Godzilla-Film in die Kinos kam, war ich also erstmal misstrauisch. Kann der Film wirklich gut sein? Gegen große Monster, die Städte kaputt kloppen gibt’s ja ansich nichts einzuwenden und Cloverfield war – abgesehen davon, dass mir im Kino wegen der Wackelkamera schlecht wurde – ja auch nicht übel…

Die Handlung:
Schon in den Opening Credits sehen wir – begleitet vom wirklich tollen Score von Alexandre Desplat – jede Menge schwarz-weiße Archivaufnahmen von allerlei Atomtests und dergleichen und erhaschen auch immer wieder einen Blick auf ein ziemlich großes Monster, von dem aber immer nur ein Stück Rücken aus dem Wasser ragt. Und wir bekommen irgendwie mit, dass es scheinbar eine Organisation namens Monarch gibt, die dieses Monster im Auge behält und untersucht. Wunderbar stimmungsvoll gemacht. Tolle Einleitung, die einen ganz ohne Worte direkt in den Film zieht.

Bei Minenarbeiten hat man offenbar etwas zu tief gebuddelt und dabei ein riesiges Skelett und ein paar ebenso große Eier gefunden, aus denen scheinbar auch irgendetwas großes geschlüpft ist. Nein, der Balrog isses nicht, aber gefährlich ists trotzdem.

Walter White hat sich nach Abschluss seiner Drogengeschäfte offenbar eine neue Frau gesucht und lebt jetzt mit ihr, seinem Sohn und seinen neuen Haaren in Japan, wo er zusammen mit seiner Angetrauten in einem Atomkraftwerk arbeitet.

Jedem, der die Worte „Atomkraftwerk“ und „Japan“ im selben Satz hört, ist nach der Katastrophe in Fukushima vermutlich nicht so ganz wohl bei der Sache und als dann auch noch irgendwelche seltsamen seismischen Aktivitäten gemessen werden und man überlegt, den Reaktor abzuschalten, sind die Parallelen nur allzu offensichtlich.

Ich will nicht päpstlicher sein als der Papst, aber 3 Jahre nach einer Katastrophe, die schon jetzt über 600 Todesopfer gefordert hat (die Todesopfer durch strahlenbedingte Krebserkrankungen noch nichtmal mit eingerechnet), haufenweise ähnliche Bilder und Situationen im Zusammenhang mit einem fetten Blockbuster-Monster-Action-Film zu zeigen, finde ich dezent plump und pietätlos.
Ja klar, sind die Bilder so nochmal emotionaler aufgeladen, aber ich lasse doch 3 Jahre nach dem 11. September auch nicht auf der Leinwand ein paar Zwillingstürme einstürzen, nur damit Captain America ein paar Überlebende retten kann.

Wie dem auch sei… es kommt natürlich zur Katastrophe im Kraftwerk, Walter White verliert seine Frau und die gesamte Anlage bricht zusammen und lässt die ganze Gegend verstrahlt zurück.

15 Jahre später kommt Walters Sohn Ford, der jetzt irgendwie Sprengstoffexperte bei der US-Armee ist, von einem Einsatz zurück und wir erfahren, dass auch er mittlerweile Frau und Kind hat. Wir sehen ein paar Standard-Harmonie-Bilder aus amerikanischen Filmen – Ford bringt seinen Sohn ins Bett, der natürlich nicht quengelt, sondern nur fragt, ob Papa, denn morgen noch da ist, Ford lacht mit seiner Frau bei einem Glas Wein auf der Couch, kurz bevor sie anfangen zu knutschen… sowas eben.

Aber die Harmonie währt nicht lange, denn Ford bekommt ein Anruf aus Japan. Offenbar sitzt sein Papa dort im Knast, weil er im Sperrgebiet um das zerstörte Atomkraftwerk erwischt wurde. Also: Sachen packen und ab nach Japan. Scheiß drauf, dass Du Deinem Sohn gerade noch versprochen hast, morgen auch wieder da zu sein…

Walter ist nach dem Tod seiner Frau besessen von dem Gedanken, dass die Katastrophe nicht durch ein Erdbeben ausgelöst wurde, sondern durch etwas anderes und die Regierung versucht das zu vertuschen. Er kommt dabei ein bissl rüber, wie die verstrahlte (sorry!) Version von Doc Brown.

„Great Scott! Wir müssen zurück! Zurück in die… verbotene Zone.“

Ford bleibt zwar skeptisch, aber letztlich begleitet er seinen Papa in die Sperrzone. Und: Überraschung! Die Regierung vertuscht wirklich einiges. In der Ruine des Kraftwerks hängt so eine Art seltsam pulsierender Kokon und die Leute von der Regierung experimentieren fleissig damit herum. Natürlich schlüpft ein Monster aus diesem Kokon, das alle MUTO nennen und welches so aussieht, wie ein Mix aus großer Motte und Pokémon. Das Muto-Monster sorgt jedenfalls für eine Menge Chaos und Zerstörung und da es sich offenbar von Radioaktivität ernährt, macht es sich auf den Weg zum nächstbesten Meiler und der ist auf Hawaii. Ich bin mir nicht sicher, aber ich hätte gedacht, in Japan gäbe es noch einige andere AKWs, die vielleicht eine Idee dichter dran sind, als Hawaii. Aber egal.

Ken Watanabe, der für den Film unvermeidliche Quoten-Japaner, spielt einen Wissenschaftler von Monarch, der die Regierung zum weiteren Vorgehen berät und Ford mit ins Boot holt. Er berichtet von Godzilla, so einer Art Alpha-Raubtier, dem einzigen Vieh, was sich dem Muto entgegen stellen und das Gleichgewicht der Natur wieder herstellen kann.

Ruckzuck ist Godzilla gefunden und das dicke Monster macht sich auf die Jagd nach der Mörder-Motte.

Was folgt, ist ein wilder Trip durch allerlei Locations, bis man schließlich beim amerikanischen Festland landet, wo sich die Riesenechse mit den dicken Motten kloppt, jede Menge zu Bruch geht und am Ende aber natürlich die Welt gerettet ist.

„Godzilla“ ist kein Action-Film mit Riesenviechern wie z.B. „Pacific Rim“, sondern eher ein Katastrophenfilm mit Monstern.

Der Film ging wirklich vielversprechend los und das angespannte Vater-Sohn-Verhältnis ließ mich auf viel schönes Drama hoffen. Umso unverständlicher finde ich es, dass der großartige Bryan Cranston schon so früh im Film den Löffel abgeben muss, denn so wird das gesamte Familienverhältnis, welches ansich sehr schön aufgebaut wird, einfach mal komplett unwichtig und irrelevant und versandet so irgendwie ungenutzt im Nichts.

Die Idee, Godzilla als so eine Art regulierende Naturgewalt zu sehen, fand ich cool und ziemlich episch.

Generell war mir die Handlung irgendwie zu fahrig. Die einzelnen Szenen waren für sich genommen toll gemacht und super inszeniert und erinnerten sicherlich nicht zufällig öfters mal an die Werke von Steven Spielberg. Leider waren sie oft nicht so richtig in die Handlung eingebettet und es fühlte sich irgendwie so an, als würde man relativ wahllos von Location zu Location springen und hatte nie so wirklich ein Gefühl dafür, wo man jetzt eigentlich gerade ist, und wo das Monster sein müsste.

Und auch sonst gab es die eine oder andere Ungereimtheit. Während man Godzilla relativ gut verfolgen konnte, hat man das Muto-Monster trotz seiner quasi unübersehbaren Größe scheinbar permanent aus den Augen verloren und es tauchte immer genau da auf, wo unser Held Ford gerade am werkeln war.

Auch die Militärs habe ich nicht so wirklich verstanden. Einerseits wollen Sie Godzilla für den Kampf gegen Muto nutzen und fahren stellenweise tagelang mit ihren Schiffen neben ihm her und in der nächsten Szene fangen sie plötzlich alle an, auf ihn zu schießen.
Und der Plan mit den Atombomben war mehr als nur ein wenig unausgereift.

Die Charaktere:
Bryan Cranstons Charakter ist – unabhängig von seiner schauspielerischen Leistung – bei weitem der interessanteste und vielschichtigste Charakter im ganzen Film und leider wird er relativ früh aus dem Rennen genommen. Sein Sohn zeigt zwar anfangs interessante Ansätze, aber sobald der Papa weg ist, mutiert man zum Action-Helden und bleibt einigermaßen profillos. Ken Watanabe guckt meist grimmig oder bedeutungsschwanger auf Monitore oder gen Horizont und das wars eigentlich auch schon.

Der Look:
„Godzilla“ sieht super aus. Regisseur Gareth Edwards schafft es, das grundsätzliche Design von Godzilla beizubehalten und es so weit zu modernisieren, dass er als Kreatur überzeugend wirkt. Und auch die Muto-Kreatur ist gut designed. Bei einem Film wie diesem ist natürlich wichtig, dass man ein Gefühl für die Größe der Kreaturen bekommt, da sie sonst tatsächlich schnell so wirken, wie die kostümierten Japaner in ihren Pappstädten früher. Und auch das klappt hier ganz hervorragend. Man sieht meist nur Ausschnitte der Kreaturen und selten das ganze Vieh. Oft sind sie im Nebel oder in Staubwolken verborgen und man erahnt oft nur die riesigen Körper dahinter.

Fazit:
Der Film spielt in einer ganz anderen Liga als Emmerichs Monster-Spektakel und ist um Längen besser und unterhaltsamer. So richtig knaller-gut fand ich „Godzilla“ dann aber doch irgendwie nicht, denn aufgrund der vielen verpassten Chancen versagt der Film leider auf erzählerischer Ebene und es fällt mir schwer, so richtig mit den Helden mitzufiebern.

Aber die Monsterkämpfe waren cool und sehenswert. Insgesamt kann man „Godzilla“ gut gucken, aber wenn ich mal wieder Lust habe auf prügelnde Riesenviecher, werde ich vermutlich lieber zu „Pacific Rim“ greifen, weil der einfach noch mehr Spaß macht und sich nicht ganz so ernst nimmt.

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Eine Antwort zu “Kritik: Godzilla (2014)”

  1. christianneffe sagt :

    Ich fand diesen Film ganz, ganz furchtbar und hatte ständig das Gefühl, vollkommen für blöd verkauft zu werden. Bei einem „Transformer“ schalte ich einfach ab – der ist zwar mindestens genau so dämlich, aber bietet wenigstens noch ein bisschen was fürs Auge. Aber „Godzilla“? Da muss man erst 90 bekloppte Minuten durchstehen, bis es mal was zu sehen gibt.

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